Predigt über Matthäus 11,28ff.

Predigt am 21. Juni 2020 (HIER auch als PDF zum Download und Ausdrucken)

von Pfarrerin Friederike Höroldt über Matthäus 11,28-30

Liebe Gemeinde,

ich werde langsam alt… neulich hatte ich nämlich ganz fiese Nackenschmerzen.

Wer von Ihnen auch schon mal ganz fiese Nackenschmerzen hatte, weiß: das ist nicht lustig!

Stellen Sie Sich jetzt bitte zwei Ochsen in einem Ochsengespann vor. In unserem Land sieht man sowas vielleicht nur noch im Freilichtmuseum. In fernen Ländern kann man es tatsächlich noch in der Landwirtschaft sehen. Auf Bildern kann man dann oft sehen: ein Holzbalken liegt auf dem Nacken der Tiere. Die haben sicher auch fiese Nackenschmerzen.

Diesen Balken nennt man „Joch“. In unserer Alltagssprache ist das Joch noch eher vorhanden, als dass wir es in unserem Alltag mal zu Gesicht bekommen. Trotzdem wissen die meisten, was ein Joch ist: etwas was schwer auf mir lastet, was mich runterdrückt, irgendwo reinzwängt.

Sicher fällt Ihnen zum Wort Joch auch schnell ein, was sie belastet …

Klar, zuerst denken wir jetzt an Corona

Sind es zu viele Lockerungen, oder zu wenige, oder nicht die richtigen?

Langsam nehmen wir aber auch wieder andere Nachrichten wahr…. Wir hören bedrückende Nachrichten aus den USA, von dem Tod von George Floyd und von Rayshard Brooks, von der schreienden Ungerechtigkeit gegen Menschen mit dunkler Hautfarbe, ein Unrecht, das immer noch nicht verschwunden ist, nicht nur in den USA, überall und auch hier in unserem Land.

Und neben diese bedrückenden gesellschaftlichen Probleme tritt  natürlich auch unsere ganz persönliche Last, das, was uns das Leben schwer macht: Sorgen, Trauer, Überlastung, Überforderung…

Da klingt der Bibeltext für heute wie eine Wohltat, wie eine Nackenmassage:

Matthäus 11,28 Jesus sagt: Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.

29 Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.

30 Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.

Das sagt Jesus uns heute.

Mir tut das schon beim Hören gut.

Am Anfang steht eine Einladung: Kommt her zu mir! Das hat Jesus gelebt: die Kinder, die Frauen, die Zöllner….sie durften alle kommen. Jesus hat keine Unterschiede gemacht. Hat nie gesagt, du bist mir zu alt, oder zu jung, du bist mir zu krank oder zu hässlich, zu dumm oder zu dick, Er sagt nie: deine Haut ist mir zu dunkel oder deine Herkunft nicht gut genug …

Wir selbst sind da oft ungnädiger, auch zu uns selbst.

Ganz besonders lädt Jesus die ein, die mühselig und beladen sind.

Ich will euch erquicken, sagt Jesus. Oder mit Worten von heuten: ich will euch Ruhe schenken, euch erfrischen.

Das klingt nach Sonntag, nach Ferien, nach Auszeit.

Wie will Jesus das tun?

29 Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.

30 Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.

Welches Joch hatte Jesus im Kopf? Das waren die religiösen Regeln seiner Zeit, es war anstrengend die alle korrekt einzuhalten

Es gipfelte bei Jesus mal in den Satz: der Mensch ist nicht für den Sabbat da, sondern der Sabbat für den Menschen.

Religion ist nicht dazu da, den Menschen zu gängeln, sondern ihm gut zu tun.

Ich glaube, dass ist heute nicht mehr so sehr unser Problem. Ich glaube, dass wir das eigentlich mittlerweile ganz gut verstanden haben. Obwohl sich vielleicht noch einige daran erinnern, dass es auch eine Last war früher mit dem Auswendiglernen im Konfirmandenunterricht.  Uns belasten andere Dinge als strenge religiöse Regeln.

Trotzdem gilt der Satz auch für uns heute:

29 Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.

Lernt von mir…

Corona: das ist jetzt auch eine Zeit des Lernens und ich kenne das gut von mir selbst: ich will eigentlich nichts mehr dazu lernen, irgendwann reicht es: Schule und Studium, irgendwann ist es mal gut, da muss man ausgelernt haben, aber Jesus sagt: Nein, hast Du nicht.

Und die Corona-Zeit zeigt auch: hast Du nicht.

Was mussten wir alles lernen… Begrüßung ohne Berührung, Hände öfter waschen und desinfizieren, Masken tragen. Keine Flugreisen und Kreuzfahrten. Und ich glaube, das Lernen war nicht umsonst. Ich glaube, wir werden davon auch profitieren können. Vielleicht müssen wir nicht bei allem zu dem zurück, wie es vorher war.

Jesus sagt: denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig.

Letzte Woche sagte mir ein Mann: ich finde, die Menschen sind netter geworden seit Corona.

Vielleicht haben Sie auch mehr Sanftmut gespürt in ihrem Leben und vielleicht auch mehr Demut.

Das täte mir und Ihnen und allen sicher gut: mehr Demut. Ja ein altes Wort, aber ein wichtiges. Darin schwingt mit: nimm Dich selbst nicht so wichtig, schau auch, dass der Nächste genug hat. Auch mal schweigen und nicht sofort lospoltern und das eigene Recht einfordern.

Lernt von mir. Sagt Jesus: Sanftmut und Demut. Auch das macht dein Joch leichter. Deine eigene Einstellung.

Sanftmut und Demut, davon erzählt noch eine andere biblische Geschichte aus dem Matthäusevangelium:

Jesus uns seine Jünger sind unterwegs, aber diesmal überschreiten sie die Grenze. Sie gehen nach Kanaan, verlassen ihre Heimat Israel. Und sie begegnen einer kanaanäischen Frau. Die nähert sie Jesus und schreit: „Ach Herr, du Sohn Davids, erbarme dich meiner! Meine Tochter wird von einem bösen Geist übel geplagt.“

Und Jesus? Er sagt gar nichts! Aber die Frau gibt nicht auf uns so bedrängen ihn seine Jünger: Tu etwas Jesus, sprich mit ihr, heile ihr Kind, damit sie uns in Ruhe lässt. Und Jesus spricht, aber nicht mit der Frau, sondern mit seinen Jüngern. Die Frau bekommt das natürlich alles mit: „Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.“ Spätestens da hätte ich aufgegeben, so aber nicht diese Frau. Sie fällt vor Jesus nieder und spricht: “Herr, hilf mir!“ Jetzt endlich spricht Jesus mit ihr und sagt: „Es ist nicht recht, dass man den Kindern ihr Brot nehme und werfe es vor die Hunde.“

Was für eine Demütigung! Aber trotzdem geht sie nicht.

Sie antwortet ihm: „Ja, Herr; aber doch fressen die Hunde von den Brosamen, die vom Tisch ihrer Herren fallen.“

Da antwortete Jesus und sprach zu ihr: Frau, dein Glaube ist groß. Dir geschehe, wie du willst! Und ihre Tochter wurde gesund zu derselben Stunde.

Wer ist in dieser Geschichte sanftmütig und demütig? Es ist die Frau (nicht Jesus) und wer lernt von ihr: Jesus!

Er hat dazu gelernt. Sanftmut und Demut. Tun wir es ihm nach. AMEN